Theaterstück „SAD-88“

03.01.2025
Theaterstück „SAD-88“: Ein Mahnmal gegen das Schweigen
Drei Mitglieder der SoR-Gruppe des Ortenburg-Gymnasiums besuchten am 3. Januar 2025 zusammen mit der betreuenden Lehrkraft StR Sutrich ein außergewöhnliches Stück, „SAD-88“ von Florian Wein in Weiden. Es nimmt die Zuschauer mit auf eine Reise in die Oberpfalz der späten 1980er Jahre – eine Zeit, die von wirtschaftlicher Unsicherheit und sozialem Umbruch geprägt war. In Schwandorf eskalierte die Situation 1988, als ein Brandanschlag, aus reinem Ausländerhass verübt vom 19-jährigen Neonazi Josef S., vier Menschenleben forderte. 3 türkische Staatsangehörige (Fatma, Osman und Mehmet Can) und ein Deutscher (Jürgen Hübener) kamen dabei ums Leben. Dieses Ereignis bildet den Kern des Theaterstücks und zeigt die tiefen gesellschaftlichen Abgründe auf, die damals existierten.
Zeitreise in die Oberpfalz der 80er Jahre
Florian Wein gelingt es mit „SAD-88“ das Publikum direkt in die Atmosphäre dieser turbulenten Epoche zu versetzen. Die 80er Jahre in der Oberpfalz waren geprägt von Arbeitslosigkeit, der Debatte um die geplante Wiederaufbereitungsanlage (WAA) in Wackersdorf und den daraus resultierenden Konflikten zwischen der linken Szene und konservativen Kräften. Zeitzeugenaussagen, die in das Stück integriert werden, machen die historische Kulisse lebendig. Man spürt die gesellschaftlichen Spannungen, die damals wie ein Pulverfass über der Region hingen.
Die Diskriminierung ausländischer Arbeitskräfte, die in den 60er und 70er Jahren nach Deutschland geholt wurden, nimmt im Stück eine zentrale Rolle ein. Sie wurden von Teilen der Bevölkerung zu Sündenböcken gemacht und galten plötzlich als „Staatsfeinde“. Die Parallelen zu heutigen Debatten über Migration und Integration lassen niemanden unberührt.
Erschreckende Kontinuität
Wein schafft es, eine Brücke zwischen 1988 und 2025 zu schlagen. Seine dramaturgische Stärke liegt in der klaren Verknüpfung der Ereignisse in Schwandorf mit aktuellen gesellschaftlichen Herausforderungen in Bayern, Deutschland und Europa. Die Zuschauer verlassen das Theater mit einem beklemmenden Gefühl: Könnte ein solcher Anschlag auch heute geschehen? Dieses Unwohlsein durchzieht das Stück und wirkt lange nach.
Eine Botschaft, die wachrüttelt
„SAD-88“ ist nicht nur ein Theaterstück, sondern ein Appell an die Zivilgesellschaft. Wein fordert sein Publikum auf, nicht wegzusehen. Die Botschaft ist klar: Jeder Einzelne trägt Verantwortung. Rassistische Äußerungen dürfen nicht hingenommen werden. Der Schutz der Grundrechte beginnt im Alltag – in der Schule, in der Nachbarschaft, im Freundeskreis.
Der Schule-ohne-Rassismus-AG ist es gelungen, dieses Theaterstück am 1. April ans Ortenburg-Gymnasium zu holen. Die Jahrgangsstufen 9-11 haben dann nicht nur die Möglichkeit, das Stück zu sehen, sondern die AG wird sich auch um eine Aufarbeitung der Thematik mit den Schüler/innen in einzelnen Workshops bemühen.
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